Palmyra – Stadt der Palmen
Geschichte – Monumente – Nekropolen
Geschichte
Das Gebiet um die antike Wüstenstadt Palmyra war vermutlich bereits im Paläolithikum besiedelt, historisch greifbar wird die Ortschaft aber erst seit etwa 1950 v. Chr. Auf Tontäfelchen aus dem Palastarchiv in Mari wird ein Ort mit Namen Tadmor erwähnt – das spätere Palmyra. Diesen Namen erhielt die Stadt von den Römern: Stadt der Palmen – Palmyra liegt in einer Oase, in der zahlreiche Palmenarten wachsen. Trotz der frühen Erwähnung auf Dokumenten aus Tontafelarchiven ist aus der ältesten Geschichte Palmyras wenig bekannt. Die früheste erhaltene Inschrift stammt aus dem Jahr 44 v. Chr. Palmyra war ein wichtiger Umschlageplatz für Handelsgüter an der Karawanenstrasse mit Verbindungen zur Weihrauch- und Seidenstrasse und hatte sich zu einer reichen Handelsstadt entwickelt. Die Stadt konnte sich relativ unabhängig zwischen dem Parther-Reich im Osten und Römischen Reich im Westen behaupten. Aufgrund ihres Reichtums konnten die Bürger der Stadt prachtvolle Monumentalbauten errichten lassen. Arabische Reisende waren von diesen Bauten so sehr beeindruckt, dass sie glaubten, dass diese Bauten unmöglich von Menschenhand errichtet worden waren.
Mit der Erweiterung des Römischen Reiches nach Osten geriet auch Palmyra ins römische Visier. Der römische Geschichtsschreiber Appian berichtet, dass der Feldherr Marcus Antonius auf seinem Marsch nach Osten die Stadt plündern lassen wollte, dass aber dieser Vorhaben erfolglos verlaufen war, da die Bewohner gewarnt worden waren und ihr Hab und Gut zuvor in Sicherheit gebracht hatten. Auch wurde die Stadt zunächst nicht in die Provinz Syria eingegliedert. Erst unter Kaiser Tiberius (reg. 14-37 n. Chr.) wurde Palmyra den Römern tributpflichtig.
Die kriegerischen Auseinandersetzungen der Römer mit den Persern im 2. und 3. Jahrhundert führten auch in Palmyra zu innenpolitischen Konflikten. Der palmyrenische Fürst Septimius Odaenathus, der grosse Teile Mesopotamiens den Persern entreissen und für Rom zurückerobern konnte, wurde ermordet, und nach seinem Tod übernahm dessen Gattin Zenobia, die vermutlich am Tod ihres Ehemannes nicht ganz unschuldig war, die Regierungsgeschäfte für den unmündigen Sohn des Odaenathus, Vaballathus. Sie war eine äusserst gebildete Frau, aber auch ehrgeizig und machthungrig. Sie sah sich in der Nachfolge der berühmten Kleopatra, liess die römische Provinz Ägypten besetzen und rief sich selbst zur Kaiserin aus. Über diesen Versuch, ein zweites Grossreich zu etablieren, kam es zu einem militärischen Konflikt mit Rom: die Truppen von Kaiser Aurelian besiegten das Heer der Zenobia erst am Taurus, dann bei Antiochia und Emesa und 272 wurde auch Palmyra erobert. Die Stadt wurde zunächst geschont, aber nach einem Aufstand 273 geplündert und zerstört. Zenobia wurde nach Rom gebracht und ihr weiteres Schicksal verliert sich im Dunkeln.
Kaiser Diokletian (reg. 284-305) errichtete in Palmyra ein Militärlager, das der Stadt vorübergehend nochmals einen Aufschwung bescherte. Um neue Bauten zu errichten nutzten die römischen Soldaten allerdings die Nekropolen als Steinbruch. Dies hatte übrigens auch schon Zenobia so gehalten: sie liess Grabtürme abreissen, um mit deren Blöcke die Stadt gegen Aurelian zu befestigen.
Relativ früh wurde Palmyra christianisiert, und bereits zu Beginn des 4. Jahrhunderts wurde der Ort Bischofssitz. Unter Kaiser Justinian wurde die Stadt erneuert, auch liess er Kirchenbauten errichten. Als Kirche hatte zunächst die Cella des Baal-Tempels gedient, die aber mit dem Sieg des Islam geschlossen wurde. 634 wurde die Oase vom muslimischen Feldherrn Khalid Ibn al-Walid eingenommen. In christlicher und moslemischer Zeit wurde Palmyra eine bedeutungslose Provinzstadt, die nach und nach verfiel. Im Jahre 1875 zählte der Ort nur noch 800 Einwohner.
Auf einem Hügel nahe bei Palmyra thront die Burg Qalaat Ibn Maan. Sie wurde vom drusischen Emir Fakhr ad-Din II. im 16. Jahrhundert auf einem Vorgängerbau aus der Seldschuken-Zeit (12. Jahrhundert) erbaut. Militärisch hatte sie für Palmyra keine grosse Bedeutung, aber alle, welche die Ruinenstadt und die eindrückliche Wüstenlandschaft von der Burg aus im Abendlicht der untergehenden Sonne betrachten können, nehmen eine unvergessliche Erinnerung mit nach Hause.
„Wiederentdeckt“ wurde Palmyra vom italienischen Forschungsreisenden Pietro della Valle, der um 1620 den Vorderen Orient bereiste, auch Palmyra besuchte und seine Beobachtungen in Reiseberichten veröffentlichte. Aber es scheint, als ob diese Beschreibungen in der Öffentlichkeit nicht sonderlich wahrgenommen wurden, denn auch spätere Reisende glaubten, die Wüstenstadt „neu“ entdeckt zu haben. Bis in die Zeit des französischen Mandats führten die Oasenbewohner, die vor allem von Viehzucht lebten, ein bescheidenes Dasein. Die intensive archäologische Erforschung der Stadt, die heute wieder Tadmur heisst und seit 1980 den Status Weltkulturerbe UNECO hat, begann erst nach der Unabhängigkeit Syriens.
Monumente
Etwas aussserhalb des eigentlichen Stadtgebietes befindet sich der monumentale Baal-Tempel. Der Baubeginn war etwa 17/19 nach Chr., beendet war die Bauzeit am 6. April 32: an diesem Tag wurde der Tempel geweiht – am Tag des Akitu-Festes, einer Neujahrsfeier zu Ehren des Gottes Marduk-Baal. Aus den Reliefs des Tempels geht hervor, dass hier neben dem mesopotamischen Gott Baal auch die syrischen Gottheiten Jarchibol, Aglibol und möglicherweise Astarte verehrt wurden – Götter, die im syrisch-mesopotamischen Pantheon in ihren Aspekten als kosmische Gottheiten eine wichtige Rolle spielen.
Durch ein eindrucksvolles Bogentor, das als Hadrianstor bezeichnet wird, betritt man das antike Stadtgebiet. Die Bezeichnung Hadrianstor ist etwas irreführend ist, denn das Tor wurde erst unter Kaiser Septimius Severus im 2. Jahrhundert erbaut. Über die Kolonnadenstrasse führt der Weg zum Tempel der babylonischen Gottheit Nabu und von da aus weiter zum Theater, das, teilweise restauriert, im 2. Jahrhundert erbaut wurde. Ganz in der Nähe befinden sich das Senatsgebäude, das sich etwas bescheiden ausnimmt, sowie die Agora. An der Kreuzung der Kolonnadenstrasse mit einer weiteren Hauptstrasse steht das Tetrapylon, ein Monument, das in der römischen Architektur häufig zur Betonung von Strassenkreuzungen errichtet wurde. Das Bauwerk ist restauriert: von den vier Säulen aus Rosengranit ist nur noch eine Säule original erhalten, die restlichen drei sind aus eingefärbtem Beton nachgebildet. Im Westen des Stadtbezirks befindet sich das Heerlager des Diokletian und das Heiligtum der Göttin Allat, die im arabischen Raum von Beduinen und Karawanenreisenden verehrt wurde.
Nekropolen
Palmyra besitzt drei Nekropolen, die unterschiedliche Typen von Grabanlagen aufweisen. Entweder wurden die Toten in Grabtürmen (oberirdische Gräber) beigesetzt oder in teilweise aufwendig gestalteten Hypogäen (unterirdische Grabräume). Hypogäen stellen eine palmyrenische Besonderheit innerhalb der antiken Grabarchitektur dar. Je nach Grösse konnten in einem Grabturm bis zu 200 Mitglieder einer Familie bestattet werden. Die Toten wurden mumifiziert, in Tücher gewickelt und in Nischen übereinander gelagert, die dann mit einer Steinplatte verschlossen wurden
Herausragende Grabmonumente sind der Grabturm des Elabel aus dem Jahre 103 und das Hypogäum der Drei Brüder aus der Mitte des 2. Jahrhunderts. Der Grabturm des Elabel gilt als schönste Anlage der Nekropolen. Die wichtigsten Exponate des Archäologischen Museums von Palmyra rekrutieren sich aus Funden aus den Grabanlagen: Verschlussplatten der Gräber mit den als Halbrelief gefertigten Büsten der Verstorbenen. Vor dem Museum thront die löwengestaltige Göttin Allat, Schutzpatronin von Palmyra.