Das Pyramidengebiet von Gizeh

Das Pyramidengebiet von Gizeh

Die Pyramiden auf dem Kalksteinplateau bei Gizeh wurden zwischen 2620 und 2500 v. Chr., in der Zeit der 4. Dynastie,  erbaut und dienten als Grabstätten für die Könige dieser Dynastie. Ausser den eigentlichen Grabbauten entstanden in diesem Bereich auch Tempelanlagen  für den Kult des Königs, Königinnenpyramiden, Beamtengräber und Siedlungen für die Arbeiter. Die Grab- und Bauherren der drei grossen Pyramiden waren die Pharaonen Cheops, Chefren und Mykerinos. Die Theorie, die Pyramiden seien von gewaltigen Heeren von Sklaven erbaut worden, wird von der Forschung abgelehnt. Vielmehr hat sich die Überzeugung etabliert, dass die Pyramiden  von der ägyptischen Bevölkerung selbst errichtet wurden: Bauern wurden in Zeiten, in denen die Felder nicht bestellt werden mussten, zum Pyramidenbau verpflichtet. Nach wie vor ist die Frage ungelöst, wie diese gewaltigen Steinmassen, gemessen am Bauvolumen innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit, aufeinander geschichtet werden konnten. Zwar gibt es verschiedene Theorien (Transport über Rampen, Transport mit Hilfe von Hebekörben, etc.), aber keine ist absolut überzeugend. Berechnungen ergaben, dass ein Block in 15 Minuten hoch gehievt wurde! Theorien, die den Pyramiden rituelle Funktionen oder esoterische Aspekte zuordnen, sind abzulehnen.

Der Taltempel des Chefren, der Ort für Begräbnisriten des Königs, ist der besterhaltene Tempel des Alten Reiches – ein massiver Pfeilerbau. Hier waren für die Verehrung des Königs 23 überlebensgrosse Statuen aufgestellt gewesen, darunter auch die berühmte Sitzstatue des Chefren: Chefren  auf dem Königsthron, auf dessen Rückenlehne der Falkengott Horus sitzt und schützend seine Flügel über dem König ausbreitet, ein Motiv, das bis in die Zeit des Neuen Reiches immer wieder auftaucht. Nördlich des Taltempels befindet sich der so  genannte Sphinxtempel mit dem Sphinx und daneben der Tempel  Amenophis’ II.  Der menschliche Kopf des kolossalen  Löwen aus Stein zeigt  die Züge des Chefren.  Man glaubt, dass bereits Cheops geplant hatte, den Sphinx aus einem Restblock der Steine meisseln zu lassen, aus welchen seine Pyramide errichtet worden war, aber dass erst unter Chefren dieses Vorhaben in die Tat umgesetzt worden war. Zwischen den Pranken der Löwenstatue liess später Thutmosis IV. seine „Traumstele“ aufstellen, deren Text legendenhaft eine Episode aus dem Leben des Pharaos erzählt: als sich der junge Prinz Thutmosis während einer Gazellenjagd im Schatten des Sphinx ausruhte und einschlief, erschien ihm im Traum der Gott Harmachis, als dessen Verkörperung der Sphinx gilt, und prophezeite Thutmosis, dass er König von Ägypten werden würde, wenn er den Sphinx vom Sand befreien liesse. Nachdem der Prinz als Thutmosis IV. den Thron bestiegen hatte, liess er den Sphinx freischaufeln und zwischen dessen Pranken eine Stele aufstellen, auf welcher diese Geschichte eingemeisselt wurde.

Im Bezirk beim Sphinx liegt das Grab des Seschem-Nefer, der einer einflussreichen Familie aus der 4. Dynastie angehörte. Die Familie durfte ihre Gräber im Nekropolenbereich von Giza anlegen lassen –  in der Nähe des Pharaos  bestattet zu werden, war ein hohes Privileg. Die Grabanlage ist restauriert, und die Kult- sowie die Grabkammer sind zugänglich.

Bei Grabungen hatte man nahe bei der Pyramide fünf, in den Fels gehauene Gruben freigelegt, in welchen sich Teile von Holzschiffen befanden. Schiffe  waren im Alten Ägypten das Fortbewegungsmittel schlechthin gewesen und spielten auch in den ägyptischen Jenseitsvorstellungen eine wichtige Rolle. So hatte  Djedefre  seinem Vater Cheops ein Schiff als Grabbeigabe mitgegeben, das ihn befähigen sollte, den Sonnengott auf seiner nächtlichen Fahrt am Himmel zu begleiten – daher auch die  Bezeichnung des Schiffes als  Sonnenbarke. 1954 war das Schiff, das allerdings in 1224 Teile zerlegt gewesen war, in einer Bootsgrube entdeckt worden. Die sorgfältig restaurierte Barke – etwa 43 m lang und aus Zedernholz gefertigt – ist in einem eigens für ihre Unterbringung gebauten  Museum ausgestellt. Im Museum sind ausserdem die gewaltigen Steinblöcke zu sehen, mit welchen die Bootsgrube bedeckt war.