Amenemhab – sein Grab (TT85) in Scheich Abd El-Qurna

Amenemhab – sein Grab (TT85) in Scheich Abd El-Qurna

Foto: Roland Unger

 

Edition, Transliteration und Übersetzung der biographischen Inschrift im Grab des Amenemhab  auf der Grundlage der Ausgabe von Kurt Sethe: Urkunden der 18. Dynastie, Bd. 1: Historisch-biographische Urkunden,  Heft 9 und 10: Historisch-biographische Urkunden aus der Zeit Thutmosis’ III., IV 890-IV,897

*******************

Amenemhab war ein äusserst tüchtiger und angesehener Offizier im Heer der   beiden ägyptischen Könige Thutmosis III. (1467/1445-1413 bzw. 1479/1467-1425 v. Chr.) und Amenophis II.  (1427-1401 v. Chr.). Er hatte an mehreren Feldzügen dieser Könige teilgenommen und sich durch grosse Tapferkeit ausgezeichnet. Im Laufe seiner militärischen Karriere waren ihm zahlreiche Ehrentitel verliehen worden.  Sein relativ grosses Grab, TT85, befindet sich in Scheich Abd el-Qurna, einem Dorf am Fusse des Qurna-Massivs auf dem westlichen Nilufer gegenüber von Luxor. Die Grabwände sind  mit Szenen aus dem privaten Lebensbereich des Amenemhab und mit Darstellungen von Familienangehörigen sowie von Opferszenen dekoriert. In einem biographischen Text berichtet Amenemhab ausserdem über seine militärische Laufbahn und über den Verlauf von Feldzügen, an welchen er teilgenommen hat, sowie über Ereignisse, die sich  während dieser Feldzüge zugetragen haben. Ein ausführliches Verzeichnis der Titel und Auszeichnungen des Grabherrn ergänzt die biographische Inschrift.

König Thutmosis III. war  der sechste König der 18. Dynastie und  einer der bedeutendsten Pharaonen der ägyptischen Geschichte.  Während seiner Regierungszeit erreichte Ägypten seine grösste Ausdehnung – J.H.Breastead in „Geschichte Ägyptens“: „Von den Festungen Kleinasiens und den Marschgegenden des oberen Euphrat, von den ägäischen Inseln und den Sümpfen Babyloniens, von den fernen Küsten Libyens und den Oasen der Sahara, von den Terrassen der Somali-Küste und den Katarakten des oberen Nils haben die Fürsten seiner Zeit seiner Grösse ihren Tribut dargebracht…“. Die Grenzen des riesigen ägyptischen Reiches mussten immer wieder von neuem gesichert werden und abtrünnig gewordene Fürsten mussten zur Raison  gebracht werden bzw. Versuche des benachbarten Grossreiches Mitanni, sich ägyptischen Gebietes zu bemächtigen, mussten abgewehrt werden. König Thutmosis III. regierte fast 54 Jahre lang und in den langen Jahren seiner Regierungszeit führte er insgesamt 17 Feldzüge im asiatischen Raum. Allein in den ersten zwanzig Jahren seiner Regierungszeit führte Thutmosis III. praktisch jährlich einen Feldzug im syrisch-palästinensischen Raum, wo er sich mit dem Fürsten von  Kadesch und dem Mitanni-Reich auseinandersetzen musste –  den letzten Feldzug führte er gegen seinen Erzfeind  Kadesch im Alter von ca. 70 Jahren.  Quellen für diese historischen Ereignisse bilden die sog. „Annalen“ im Tempel von Karnak, Stelen-Inschriften und Biographien von Offizieren, die an den verschiedenen Kriegszügen teilgenommen haben.

Einer dieser Offiziere war Amenemhab, ein General, der bei Thutmosis III. in hoher Gunst stand. In seiner Biographie berichtet Amenemhab über die Teilnahme an mehreren Kriegszügen in Asien. Nach jedem Feldzug wurde er aufgrund seiner Tapferkeit reichlich belohnt – er erhielt Schmuck, Sklaven und als ganz besondere Auszeichnung das „Ehrengold“, auch als „Gold der Tapferkeit“ bezeichnet – ein Orden in Form einer Fliege. Die berühmteste Episode seiner biographischen Inschrift  ist die Schilderung einer Elefantenjagd in der Stadt Nij, ein Ereignis, das im 33. Regierungsjahr Thutmosis’ III. während des 8. Feldzuges nach Syrien in das Gebiet von Mitanni stattgefunden hatte. Auf dem Rückweg von diesem Feldzug war auch Nij erobert worden, und  Thutmosis III. hatte dort eine Elefantenjagd angeordnet. Im Sumpfgebiet von Nij war schon der Grossvater von Thutmosis III., Thutmosis I., auf Elefantenjagd gegangen. Nach Aussagen von Amenemhab waren  im Verlauf der Jagd 120 Elefanten  erlegt worden, wobei der König während dieser Jagd allerdings   in höchste Lebensgefahr geraten war, da ihn ein Elefant  angegriffen hatte. Amenemhab rettete seinem König das Leben, indem er dem Elefanten den Rüssel abschnitt. Diese Elefantenjagd von Nij ist  auch auf der Stele vom Gebel Barkal (Die Stele Thutmosis’ III. beim Gebel Barkal) festgehalten (Gebel Barkal_1233-1234).

Der Text der Biographie macht keine Aussagen darüber, ob es sich bei  der Erwähnung der Namen der verschiedenen Kriegsschauplätze um Stationen eines einzelnen Feldzuges oder   mehrerer Feldzüge handelt. Auch die Frage, ob die Schilderung der Ereignisse chronologisch dargestellt ist, ist nicht ganz geklärt. Wolfgang Helck hat sich in seinem Beitrag „Die Beziehungen Ägyptens zu Vorderasien im 3. und 2. Jahrtausend v. Chr.“ ausführlich mit dieser Frage beschäftigt.

Der Nachfolger von Thutmosis III. war sein Sohn Amenophis II., in dessen Dienst  Amenemhab ebenfalls stand.    Amenemhab berichtet, dass ihn der König  erkannt hatte, als er  anlässlich des „Schönen Festes vom Wüstental“ (Opet-Fest) die königliche Barke ruderte. Der König hatte sich  an  Amenemhab, den er seit seiner Kindheit kannte und den er als treuen Begleiter seines Vaters im Gedächtnis hatte, erinnert. Er ernannte Amenemhab zum Verwalter des Heeres und der königlichen Leibwache. Amenemhab diente Amenophis II. bis zu seinem Tode.

Foto:  Semataui.de

 

Literaturnachweis

  • Abriss der Mittelägyptischen Grammatik / Hellmut Brunner .- Graz2 1967 (Brunner) 
  • A concise dictionary of Middle Egyptian / Raymond O. Faulkner. – Oxford4 1988 (Faulkner)
  • Egyptian grammar  / Alan Gardiner. – London 31982 (Gardiner)
  • Grosses Handwörterbuch Ägyptisch-Deutsch (2800-950 v. Chr.) / Rainer Hannig. – Mainz 1995 (HWB)
  • Wörterbuch der ägyptischen Sprache / A. Erman, H. Grapow (Hrsg). – Berlin und Leipzig 1957 (WB)
  • An Egyptian hieroglyphic dictionary / E.A. Wallis Budge. –  New York : Dover Publications, Inc.1978
  • Lexikon der Pharaonen / Thomas Schneider. – Zürich : Artemis-Verlag, 1994
  • Geschichte Ägyptens / J.H.Breasted. – Köln, 2001
  • Grundzüge der ägyptischen Geschichte / Erik Hornung. – Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1992
  • Egypt of the pharaos / Alan Gardiner. – London : Oxford University Press, 1964
  • Die Beziehungen Ägyptens zu Vorderasien im 3. und 2. Jahrtausend v. Chr. / Wolfgang Helck. – Wiesbaden 1971
  • Topographical bibliography of ancient Egyptian hieroglyphic texts, reliefs, and paintings.- Vol. 1: The Theban necropolis, part 1: Private tombs / Bertha Porter and Rosalind L.B. Moss, – 2nd ed. – Oxford : Griffith Institute, 1970

Nach oben

–> Edition, Transliteration und Übersetzung